16.04.2012



Beim Blick auf den Kalender, weiß ich manchmal nicht, ob ich mich freuen oder fürchten soll. Heute morgen waren es nur noch schwindelerregende 45 Tage in meiner Gastfamilie (und 57 in Neuseeland). Natürlich freue ich mich schon wie verrückt auf daheim und ich zähle die Tage bis ich wieder in Deutschland bin und bin so happy, dass ich meinen Lieben und meinem Leben wieder ein Stückchen näher komme. Doch mit jedem Tag der vergeht, wird mir auch nur zu bewusst, dass das alles bald, sehr bald, vorbei ist. Dann bekomme ich fast schon ein schlechtes Gewissen, wenn ich mich auf Deutschland freue. Weil vor genau einem Jahr saß ich ebenda und wollte nichts wie fort von dort. Raus in die Welt. Weit weit weg. In ein ganz anderes Leben. Nur...mittlerweile ist diese Faszination des Unbekannten... irgendwie verschwunden oder sagen wir mal, etwas verblasst. Ja, natürlich ist es jeden Tag aufs Neue sehr schön, wenn man sich Bewusst macht, dass man die einmalige Chance hat, in einem fremden Land zu leben und all diese wundervollen Dinge zu erleben. Doch nach fast 9 Monaten sind eben viele Dinge einfach alltäglich geworden. Das Meer vor meiner Haustür ist immer noch grandios, wunderschön und atemberaubend. Trotzdem ist es irgendwie ein gewohnter Anblick. Diese Abenteuerlust auf das Unbekannte, was ich letztes Jahr in Deutschland sooo sehr verspürt habe, ist etwas gestillt worden. Ich bin noch nicht satt, noch lange nicht. Und spätestens wenn ich einpaar Monate in Deutschland verbracht habe, möchte ich bestimmt wieder meine Koffer packen und ein Weilchen woanders sein. Trotzdem: Ich weiß jetzt, wie es ist, fort zu sein. Allein am anderen Ende der Welt. Wenn man keinen Menschen aus seinem gewohnten Leben für mehrere Monate sieht und um sich hat. Keine Freunde, die einen schon Jahre lang kennen, keine Familie, die einen wortlos versteht. Ich weiß, wie es ist, wenn man jeden Tag in einem fremden Bett aufwacht, es zwar temporär 'dein' Bett ist, aber doch nie so wirklich. Ich weiß wie es ist, wenn man sich nach Monaten an Dinge erinnert, die man daheim hat und an die man einfach lange nicht mehr gedacht hat. Wenn man hin und wieder einen Geruch aufschnappt, der einen plötzlich und völlig überraschend an eine Person daheim erinnert. Ich weiß wie es ist, wenn man die wundervollsten Dinge sieht und gleichzeitig traurig darüber ist, dass man es nicht mit den Menschen daheim teilen kann.  
Am vergangenen Wochenende hatte ich Langweile und habe mir alte Blogeinträge durchgelesen. Die von den ersten Tagen und Wochen. Und obwohl mir scheint, als würde die Zeit hier nur so fliegen, als ich die alten Einträge gelesen habe, kamen viele mir etwas Fremd und so weit weg fort. Wenn ich mich an Erlebnisse und Ereignisse der ersten Zeit hier in Neuseeland erinnere, scheint es mir nicht so, als wäre ich erst 9 Monate hier. Aber auch viele Dinge von daheim in Deutschland, sind mir irgendwie fremd geworden. Die Erinnerung an meine Arbeit verblasst. Also dieses Gefühl, dass ich dafür hatte. Ich weiß nicht, ob man das verstehen kann, wenn man nicht selbst ein Jahr im Ausland verbracht hat. Gewisse Orte, Menschen, Taten aus meinem alten Leben, scheinen manchmal ganz nah und erreichbar und dann wieder so fern und vergangen.
Anyway ... ich freue mich sehr, dass ich die Chance hatte hier her zu kommen, in eine wundervolle Kiwifamily. Und da es noch nicht Zeit ist, Résumé zu ziehen, belasse ich es daheim und kuschle mich jetzt mit meinem Schmusekater ins Bett.

1 Kommentar:

puppenzimmer hat gesagt…

Was für ein schöner Eintrag. ♥ Und ich glaube es ist ganz normal sich nach so einer Zeit auf das Zuhause zu freuen. Wenigstens für ein Weilchen, bis man dann wieder weiter zieht.